Migräne – „Von der Migränikerin zum Menschen mit Migräne“ – Eine Entwicklungsreise

Inhalt

Von der Migräniker*in zum Menschen mit Migräne Eine Entwicklungsreise

Migräne ist eine Erkrankung, die viele Menschen betrifft und oft vom Umfeld nicht verstanden wird. Migräne ist mehr als „nur ein Kopfschmerz“, sie beeinflusst das gesamte Leben. Migräne hat Auswirkungen auf die Arbeitsleistung, das Familienleben und die sozialen Kontakte. Migräne kann zum sozialen Rückzug und damit zu Einsamkeit und Depressionen führen. Migräne steht auch in engem Zusammenhang mit Ängsten. Ich habe das in meinen 40 Migräne-Jahren selbst erlebt und ich habe mich in dieser Zeit auch lange zum Opfer meiner Migräne gemacht.
Ich habe mich, mein Leben, mein Sein über Migräne definiert. Ich war viele Jahre nicht mehr Petra, ich war die Migräne, die Schmerzpatientin. Ich suchte meine Hilfe im Außen mit immer wieder neuen Schmerzmitteln. Wenn das eine nicht mehr half, brauchte es ein neues. Ich versuchte es mit Achtsamkeitsübungen, Entspannungsmethoden ging von Arzt zu Arzt in der Hoffnung auf Hilfe und da alles nichts half, habe ich mich viele Jahre in mein Schicksal ergeben.
Meine Gedanken dazu waren „Ich habe halt Migräne, ich kann da nichts machen. Das ist eben einfach so, hatte meine Mutter ja schließlich auch.“ Aussagen aus meinem Umfeld waren oft auch „naja andere haben was anderes, du hast halt Migräne, da musst du jetzt durch“. Einmal sagte eine Ärztin, die mir Mut machen wollte, zu mir „in den Wechseljahren wird das besser“.
Na super! Ich war Mitte 20 als sie mir das sagte. Wechseljahre waren da gedanklich noch 100 Jahre entfernt.

Die Opferrolle

Im Laufe meiner 40 Migräne-Jahre habe ich versucht das Unverständnis meines Umfeldes auszublenden. Das gelang mir nicht wirklich. Das genervte Seufzen meiner Chefin, wenn ich mich mal wieder krankmelden musste, setze mich noch mehr unter Druck. Dabei hatte ich doch ohnehin schon ein schlechtes Gewissen ihr und meinen Kollegen gegenüber.
Nicht nur, dass mein Kopf mal wieder hämmerte, ich habe mir noch „zusätzlich den Kopf darüber zerbrochen“ was die Kollegen jetzt wieder denken. Das meine Arbeit liegen bleibt und / oder ob meine Kollegen doch wieder einspringen müssen. Das war für mich das Schlimmste, zu wissen, dass die anderen meine Arbeit mitmachen müssen, obwohl es ohnehin schon viel zu viel Arbeit war. Das und das Wissen um ihr Lästern „die schon wieder“, „ach hat sie mal wieder ihre Migräne“ machte das Ganze nicht besser.
Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was die anderen wohl über mich denken, ich habe mich geschämt für mich, für meine Unfähigkeit die Migräne in den Griff zu bekommen und dafür, dass ich sie überhaupt habe, dass ich mit diesem „Makel der Krankheit“ herumlaufen musste. Das wechselte sich ab mit dem Gedanken „ich kann ja nichts dafür, ich mache das ja nicht mit Absicht“. Ich fühlte mich schuldig und ich zog mich immer mehr zurück.
Ich war im Opfermodus und das über viele Jahre. Gefangen in einem Kreislauf aus tagelangen, unerträglichen Schmerzen, der verzweifelten Suche nach Hilfe und Besserung, nach Verständnis und Akzeptanz im Außen und der Resignation und Selbstaufgabe mit dem tiefen inneren Gefühl „es wird niemals besser“.
Hinzu kam die immer schwelende Angst meinen Arbeitsplatz zu verlieren, das Gefühl das Geld nicht wert zu sein, das ich in einem wirklich guten Job verdient habe. Die Angst, dass mich mein Partner verlässt. Wer will denn bitte mit jemandem zusammen sein, der jedes Wochenende und darüber hinaus Schmerzen hat, sich kotzend im Badezimmer aufhält und nichts dazu beitragen kann den Haushalt zu schmeißen, geschweige denn am Wochenende mal auszugehen und irgendetwas zu unternehmen, weil man vor Schmerzen nicht mehr aufrecht gehen kann.
So ging es viele Jahre meines Lebens, mal mehr mal weniger intensiv. Bis zu einem Tag im Jahr 2014. Ich war mal wieder in einem Status migränosus gefangen. Der Anfall ging über 14 Tage. Bei einem Status migränosus gehen mehrere Migräneanfälle ineinander über. Die Auslöser dafür sind vielfältig, einer davon ist der Schmerzmittelübergebrauch. Das war bei mir der Fall.
Ich wusste, es musste mal wieder ein „kalter Entzug“ her. Zwar unter ärztlicher Begleitung aber trotzdem alles andere als ein Geschenk. Ich kannte das schon, ich hatte das nicht zum ersten Mal machen müssen. Ich war so geschwächt und in meinem „Schmerzdrama“, dass ich meinen Kopf gegen die Wand geschlagen habe. Ich wollte einfach nur, dass es aufhört, ich wollte nicht mehr leben, einfach nur, damit es endlich vorbei ist.

Die Erkenntnis

In diesem Moment des inneren Dramas, der gefühlten Selbstaufgabe, des Selbstmitleids und der unerträglichen Schmerzen hatte ich mal wieder die Erkenntnis „So geht es nicht weiter, wenn du so weiter machst wie bisher, wirst du keine 50 Jahre mehr werden“.
Ich hatte mir schon so oft vorgenommen etwas zu verändern, mich zu verändern und dann doch wieder die Hilfe im außen gesucht. Doch an diesem Tag war es anders, dieses Mal ging irgendwie ein Ruck durch mich hindurch. Ich hatte keine Ahnung was und vor allem wie ich meine Situation ändern konnte, ich wusste nur, ich muss jetzt etwas tun, sonst geht mein Leben so zu Ende.
Ein Leben voller Schmerzen statt Leichtigkeit und Freude. Ein Leben in dunklen Zimmern liegend und sich erbrechend über der Toilette, statt im Licht und innerer Freiheit. Mit einem Mal wurde mir völlig klar, nur ich konnte mir helfen, keine Tabletten, keine Ärzte, keine Selbsthilfegruppen. Ich musste die Opferrolle ablegen, egal wie, und Verantwortung für mich und meine Gesundheit übernehmen. Und dieses Mal wollte ich die Verantwortung übernehmen!

Migräne und ihr "versteckter" Nutzen

Mit dieser Erkenntnis wurde es innerlich in mir ruhiger und ich fing nach und nach, Schritt für Schritt damit an, mich mit mir auseinanderzusetzen. Ich holte mir therapeutische Hilfe, las viele Bücher und fing an mich zu reflektieren. Dazu gehörte auch die Frage „welchen Nutzen bringt dir deine Migräne“.
Diese Frage hat mich ehrlich gesagt ziemlich empört, ja regelrecht verärgert. Von wegen Nutzen, so ein Quatsch, was sollen diese Schmerzen bitte für einen Nutzen haben! Und tatsächlich, als ich erstmal die innere Abwehr abgelegt hatte, erkannte ich, dass meine Migräne mir in gewisser Weise tatsächlich genutzt hat
Diese Erkenntnisse waren nicht schön, es viel mir schwer mich damit auseinanderzusetzen, zeigte es mir zu diesem Zeitpunkt doch kein wirklich schönes Bild von mir. Im Außen wirkte ich immer tough, klug, zupackend. Ich war vom Typ her eher laut als leise, ich hatte den Drang dazu immer alles zu regeln und mir mehr zuzumuten als mir lieb war. Allerdings war ich dadurch auch immer oft gereizt und ungerecht mir und meinem Umfeld gegenüber.
Der (versteckte) Nutzen meiner Migräne zeigte mir, dass ich alles andere als tough war, wenn ich nicht mal meine Bedürfnisse kenne, geschweige denn sie benennen und dafür einstehen kann.

Die Veränderung

Also fing ich nach und nach an mich mit meinem Denken, meinem Verhalten, meine Überzeugungen auseinanderzusetzen und zu hinterfragen. Was denke ich über mich selbst, was glaube ich, denken andere über mich? Es war in der Tat erstaunlich welches starres Selbstbild ich über mich hatte. Ich setze mich damit auseinander, was meine Werte, denn eigentlich waren und warum ich meine Werte nicht lebe. Und vor allem, warum ich Werte lebte, die gar nicht zu mir passten. Ich lebte Überzeugungen und Glaubenssätze, die nicht meine waren.
Das bedeutete letztlich sich mit mir und meiner Geschichte, meinen Wurzeln und meiner Prägung auseinanderzusetzten. Wir werden in unserer Kindheit geprägt, wir bekommen Werte, Gedanken und Überzeugungen vorgelebt und eingetrichtert. Aufgrund dieser Überzeugungen, Gedanken, Glaubens- und Bindungsmuster entwickeln wir unser Verhalten, unser Ich-Gefühl. Wir entwickeln dadurch die Sicht auf uns selbst und auf die Welt. Wir lernen in dieser Zeit wie wir mit unseren Bedürfnissen, Emotionen und Herausforderungen umgehen, funktional oder eben dsyfunktional.
Mir ist es wichtig hervorzuheben, dass unsere engsten Bezugspersonen uns aus einem positiven Grundsatz heraus prägen und uns ihre Welt und die Sicht darauf zeigen. Sie meinen es immer gut mit uns, ob es dann auch immer gut für uns und unsere Entwicklung ist, stellt sich meistens erst hinterher heraus.
Als ich anfing mich und mein Selbstbild zu reflektieren und auf den Prüfstand stellte durfte ich meinen Status Quo überdenken und wurde mir klar darüber, was ich denn eigentlich wirklich will im Leben.
Ich durfte lernen mit meinen Ängsten und Selbstzweifeln umzugehen. Angst davor nicht gut genug zu sein. Ich durfte mutig werden in dem ich lernte für mich und meine Überzeugungen einzustehen, auch wenn ich Angst vor einem eventuellen „Gegenwind“ hatte.
Ich durfte das kleine Mädchen in mir erwachsen werden lassen, das selbstbewusst für sich einsteht und ganz selbstverständlich sich und seine Meinung vertreten darf. Ich durfte zu dem Menschen werden, der auf sich selbst, seinen Fähigkeiten und Kompetenzen vertraut und der in der Lage ist mit Freude für sich Verantwortung zu übernehmen.
Der Weg war nicht leicht und ich hatte immer wieder die Phasen in denen ich zum Teil immer noch sehr starke Migräneattacken hatte. Doch mit jedem Schritt, den ich weiter ging, mit jedem Schritt, mit dem ich mich mir selbst genähert hatte, wurde es besser. Die Migräneanfälle wurden immer weniger.

Eine Entwicklungsreise

Meine Reise zu mir selbst dauerte einige Jahre und sie ist noch lange nicht zu Ende und das ist gut so. Ich denke Persönlichkeitsentwicklung hört niemals auf und ich finde immer wieder neues über mich heraus. Ich glaube die Reise zu sich selbst ist manchmal die schmerzhafteste und anstrengendste, die man antreten kann und doch ist sie für mich die spannendste und schönste Reise.
Die Erkenntnisse und die Entwicklung, die ich für mich genommen habe, kann ich rückblickend manchmal gar nicht selbst glauben. Es geht darum sich und sein Umfeld liebevoll anzunehmen, sich selbst und anderen zu verzeihen und in vollem Vertrauen sein Leben zu leben. Ich kann heute ganz selbstverständlich mit Herausforderungen und Problemen umgehen bei denen ich mir vor ein paar Jahren noch „den Kopf zerbrochen“ hätte.
Ich kann heute von mir sagen, dass ich seit 8 Jahren migränefrei bin. Heute bin ich nicht mehr die Migräniker*in/Schmerzpatientin, sondern ein Mensch mit Migräne.
Klar gibt es auch heute Tage, an denen ich mit Kopfschmerzen oder Migräne aufwache, und ja, ich habe auch für alle Fälle ein Triptan zu Hause. Das ich tatsächlich ein Schmerzmittel brauche, ist vielleicht 2 x im Jahr und nicht mit meinem „alten“ Migräne-Leben zu vergleichen.
Ich möchte jedem Menschen mit Migräne Mut zusprechen sich seinen Themen zu stellen und zu lernen, seine eigene Wahrheit zu leben. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Migräneanfälle in Häufigkeit und Intensität verringern werden. Ich habe es selbst erlebt und kann mein Leben, meine Arbeit, meine Freizeit unbeschwert genießen.
Ich habe einige Jahre für meine Reise gebraucht und bin heute selbst Coach für Menschen mit Migräne, Mentorin für Selbstsicherheit und Heilpraktikerin beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie. Mein Ziel ist es, Menschen mit Migräne auf ihrem Weg in ein schmerzfreiers Leben zu begleiten.
Wenn du dich in meiner Geschichte wiederfindest und du deine Geschichte neu schreiben möchtest, dann melde dich gerne bei mir und buche dir dein kostenfreies Erstgespräch, wir gucken gemeinsam, wie ich dich auf deiner Reise begleiten kann.

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